Zenit Nr. 4, Dezember 2019

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 19 35 Sozialberatung Simon Gerber, seit 100 Tagen arbeiten Sie bei Pro Senec- tute Kanton Luzern als Leiter Sozialberatung. Welchen Eindruck haben Sie in dieser Zeit gewonnen? Simon Gerber Einen sehr guten. Ich traf auf ein äusserst moti- viertes und kompetentes Team. Viele Mitarbeitenden sind schon sehr lange bei Pro Senectute. Entsprechend hoch ist die Fachkompetenz und die Expertise. Mit Blick auf die demografische Entwicklung werden die Fallzahlen ansteigen. Ist die Sozialberatung von Pro Senectute Kanton Luzern bereit für die Zukunft? Die Fallzahlen werden in den nächsten Jahren deutlich stei- gen. Das ist Fakt. Derzeit befinden wir uns in einem Strategieprozess. Dieser geht unter anderem auf diese Verän- derung ein. Wir rechnen mit einer Zunahme von vier Prozent pro Jahr. Das ist mehr als die demografische Entwicklung, diese geht von einem Plus von jährlich einem Prozent aus. Weil Fälle tendenziell komplexer wer- den, nimmt der Umfang unserer Beratungstätigkeit zu. Komplexer werden sie unter anderem wegen des Grundsatzes «ambulant vor stationär». Heute wohnen Personen länger zu Hause. Das ist eine gute Entwicklung, doch sie macht die Beratung aufwendiger. Altersdiskriminierung ist ein Themenschwerpunkt von Pro Senectute Luzern. Wie manifestiert sie sich imAlltag? Wir nehmen sie auf verschiedenen Ebenen wahr. Etwa bei der Wohnungssuche. Wegen der aktuellen Zinssituation werden viele alte Mehrfamilienhäuser renoviert. So kommt es vor, dass sich jemand nach 55 Jahren in der gleichenWohnung ein neues Zuhause suchen muss. Mit 80 ist die Ausgangslage auf dem Wohnungsmarkt äusserst schwierig. Auch die Digitali- sierung schafft Altersdiskriminierung: Wer weiterhin Konto- auszüge in physischer Form will, muss dafür Gebühren be- zahlen. Sparbillette lassen sich nur online bestellen. Viele Reservationen sind nur noch über das Internet möglich. Ich habe von einem Fall gehört, in dem jemand für die Bestellung eines Mietwagens sein Geburtsjahr angeben musste. Dieses war in der Liste des Online-Formulars aber gar nicht mehr aufgeführt. Gleichwohl stehen auch bei IhnenOnline-Beratungen zur Diskussion. KeinWiderspruch? Wir werden entsprechende Angebote mittelfristig sicherlich prüfen. Sie richten sich an eine jüngere und agilere Kunden- gruppe. Diese ist sich den Umgang mit dem Internet gewohnt und sucht hier aktiv nach Informationen. Möglich ist bei- spielsweise ein Chat, in dem Fragen gestellt und beantwortet werden. Solche Angebote ersetzen aber keinesfalls den per- sönlichen Kontakt. Er bildet auch in Zukunft die Grundlage unserer Arbeit. Viele Themen kommen erst zur Sprache, wenn sich eine persönliche Vertrauensbasis entwickeln konnte. Abgrenzung gegenüber Klienten ist in der Sozialberatung wahrscheinlich nicht immer ganz einfach. Wie gelingt IhrenMitarbeitenden dieser Spagat? Vertrauen, Wertschätzung und Res- pekt bilden ganz klar die Basis unserer Arbeit. Ich stelle von meinen Mitar- beitenden eine hohe Empathie gegen- über unseren Klientinnen und Klien- ten fest. Gleichwohl legen wir grossen Wert auf professionelle Distanz. Dies ist insbesondere bei Klienten mit ei- ner sehr schwierigen Situation nicht immer einfach, aber unerlässlich. Ein wichtiger Bereich in der Sozi- alberatung Kanton Luzern ist un- ter anderem auch die Infostelle Demenz. Wie wollen Sie dieses wichtige Angebot auch in Zukunft sicherstellen? Die Infostelle Demenz bieten wir zusammen mit der Alzheimervereinigung Luzern an. Diese Zusammenarbeit war national erstmalig und funktioniert hervorragend. Mittlerweile sind auch in anderen Kantonen ähnliche Partnerschaften entstanden. Beschäftigen wird uns hier in naher Zukunft die Frage der Finanzierung. Dazu fin- den demnächst Gespräche mit dem Kanton statt. Es ist sehr wichtig, dieses dringend notwendige Angebot nachhaltig sicherzustellen. Gibt es weitere Kooperationenmit anderen Institutionen? Uns liegt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Akteuren des Gesundheits- und Sozialbereichs am Herzen. Wir sehen uns als Teil eines Ganzen und nehmen im Bedarfs- fall Triagen vor, damit Klientinnen und Klienten vom opti- malen Angebot profitieren können. Um dies zu gewährleis- ten, stehen wir im regelmässigen Austausch mit anderen Institutionen, etwa der KESB oder der Spitex. Mittlerweile haben die meisten Stellen erkannt, dass es um ein Rund- umangebot geht, nicht um Konkurrenz. Ziel ist es, die best- mögliche Lösung für unsere Kundinnen und Kunden zu finden. Interview David Koller Seit dem 1. Juli ist Simon Gerber (1985) Leiter Sozialberatung bei Pro Senectute Kanton Luzern. Zuvor arbeitete er als stellvertretender Leiter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlings- wesen des Kantons Luzern. Gerber lebt mit seiner Familie im Aargauer Suhrental. Er hat in Luzern die Hoch- schule für Soziale Arbeit besucht. Später absolvierte er ein MAS in Public Management; im kommenden Jahr wird er dazu die Masterarbeit ver- fassen. In seiner Funktion bei Pro Senectute leitet Simon Gerber einen Bereich mit 25 Mitarbeitenden an den Standorten Luzern, Emmen und Willisau. Leiter Sozialberatung

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