Zenit Nr. 3, September 2019

12 Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 19 Nachbarinnen – auch im Altersheim Jahrelang lebten Berta Wicki (87) und Mary Zumbühl (86) Tür an Tür. Dann mussten beide die eigene Wohnung aufgeben. Im Senioren- Zentrum «Residio» in Hochdorf sind die ehema- ligen Nachbarinnen wieder vereint und haben trotz einiger Altersbeschwerden viel Spass zu- sammen. Die Lebensgeschichten von Berta Wicki und Mary Zumbühl weisen einige Parallelen auf. Beide sind im Seetal verwurzelt. Beide haben Kinder, Grosskinder und Urgrosskinder. Beide verloren ihren Mann allzu früh. Und beide zogen dann in ein Mehrfamilienhaus an der Merkurstrasse in Hochdorf. Dort lern- ten sie sich kennen und schätzen. Ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis war ihnen wichtig. «Gute Nachbarschaft, das heisst für mich korrekt sein, im Treppenhaus ein paar freundliche Worte wechseln, auf- einander achten und vor allem nicht über andere tratschen», sagt Mary Zumbühl. Das Zusammenleben fordere halt etwas Toleranz und Rücksichtnahme, ergänzt Berta Wicki. Wenig Verständnis hatte sie für eine alleinstehende Be- kannte, welche denWaschküchenschlüssel jeweils drei Tage lang bei sich behielt, obwohl ihre Wäsche innert weniger Stunden fertig war. «Dabei wäre ihre Nachbarin mit drei kleinen Kindern so froh gewesen um einen zusätzlichen Waschtag.» Die Waschküche als Konfliktherd? «Nicht bei uns», sagen die beiden. Man hielt sich an die Waschtage, aber es gab auch Ausnahmen. «Man darf nicht so stur sein.» Distanz tut gut Toleranz ist auch in ihrem heutigen Zuhause gefragt, dem Haus Sonnmatt des Alterszentrums «Residio» in Hochdorf. «Es ist nicht immer einfach, Nachbarn zu haben, die schon Eine gute Nachbarschaft ist Gold wert – insbesondere auch im Alter, wenn die Kräfte nachlassen und man auf Unterstützung angewiesen ist. Astrid Bossert zeigt anhand von drei Geschichten, wie wichtig und wertvoll Nachbarinnen und Nachbarn im Alltag sind – in guten wie in schlechten Zeiten. stark verwirrt sind oder ständig jammern», sagt Mary Zum- bühl. «Doch wer weiss, wie es mir dereinst gehen wird.» Umso mehr geniessen die beiden das Hier und Jetzt. Zusammen mit anderen Bewohnern klopfen sie jeden Abend nach dem Nachtessen einen Jass. Manchmal sitzen die ehemaligen Nachbarinnen zusammen im Entrée und plaudern oder gehen ins hauseigene Café. «Wir kommen sehr gut aus, trotzdem geht jede ihren eigenen Weg», so Mary Zumbühl. «Ich bin gerne ich», sagt Berta Wicki und lacht. «Es kann aber auch zu viel sein.» Manchmal geniesse sie es, ganz allein in ihremZimmer zu sitzen und im Fernse- hen einen spannenden Fussballmatch zu schauen. Bei aller Freundschaft: Das würde ihre ehemalige und heutige Nachbarin ohnehin nicht interessieren. Sie sind oft zusammen, trotzdem geht jede ihren eigenen Weg: Berta Wicki (links) und Mary Zumbühl geniessen im Senioren-Zentrum das Hier und Jetzt. Fotos: Astrid Bossert

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