Zenit Nr. 3, September 2017

Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 17 7 Freiwilligen die Entwicklung mitbegleitet und unterstützt, damit die Menschen ihren Weg bis ans Lebensende mit Würde und Lebensfreude gehen können.» Für Eveline Widmer-Schlumpf haben die Angebote von Pro Senectute im Umgang mit den digitalen Kommuni- kationsmöglichkeiten zunehmend eine wichtigere Bedeu- tung, sei dies im Zusammenhang mit Prävention oder um soziale Kontakte zu pflegen. «Ältere Menschen fühlen sich weniger einsam, wenn sie mit ihren Kindern überall auf der Welt kommunizieren können. Meine 88-jährige Schwiegermutter zum Beispiel beherrscht die neuen digitalen Mittel besser als ich und kann sehr gut kommu- nizieren. Sie fühlt sich dadurch mit der ganzen Familie, auch mit dem Teil, der in den USA lebt, und mit ihren Freunden verbunden.» Kürzlich habe ihr überdies ein Bekannter erzählt, er habe seine 90-jährige Mutter mit etlichen Sorgen in ein Heim gebracht. Sie habe sich als erstes nach dem Vorhandensein eines WLAN erkundigt und nach der positiven Antwort gesagt: «Hier bleibe ich, kann ich doch mit allen kommunizieren.» Neben der Entwicklung von bedarfsgerechten Ange- boten mischt sich Pro Senectute dort in den gesellschafts- politischen Diskurs ein, wo es um die Bevölkerungs- gruppe der heutigen und künftigen älteren Menschen geht. «Wir müssen immer wieder in Erinnerung rufen, dass gemäss Artikel 7 der Bundesverfassung jeder Mensch ein Anrecht darauf hat, dass seine Würde gewahrt wird und er bis ans Lebensende menschenwürdig behandelt wird. Dabei kommt auch der Palliative Care eine wichtige Bedeutung zu. Oder ein Pflegeheim muss über genug Ressourcen verfügen, um seinen Bewohnerinnen und Be- wohnern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen», hält die Juristin fest. Sie wünscht sich, dass die betagten Menschen mit der nötigen Unterstützung so lange wie möglich selbst- bestimmt und mit positivem Blick in die Zukunft zu Hause bleiben können. Als schwierig erachtet sie die un- gleiche Gewichtung. «Wenn Angehörige eine betagte Person ins Pflegeheim bringen, wird deren Pflege und Betreuung finanziert. Wenn sie dagegen diese Arbeit da- heim selber leisten, haben sie diese finanzielle Hilfe nicht. Wir müssen Wege finden, damit pflegende Angehörige die nötige Entlastung bekommen.» Solidarität zwischen den Generationen Wie erlebt Eveline Widmer-Schlumpf die Solidarität zwi- schen den Generationen? Überzeugt hält sie fest, dass sie innerhalb der Familien eine grosse Solidarität erfahre und beobachte, wobei das Verhältnis zwischen den älteren und jüngeren Menschen viel lockerer sei als früher. In vielen Familien seien Eltern, Grosseltern und Kinder selbstver- ständlich füreinander da. Auch ausserhalb der Familie sehe sie bei den jungen Menschen wenig Ablehnung dem Alter gegenüber. «Alte Menschen sind heute meistens gut in eine Ge- meinschaft im Dorf oder Quartier integriert. Das Alter mit den damit verbundenen Einschränkungen ist im Alltag präsent. Auch verschiedene Projekte tragen zu Begegnungen zwischen den Generationen bei», ergänzt sie. «Es ist eine der wichtigen Herausforderungen für die Zukunft, dass wir älteren mit den mittleren und jungen Menschen im Gespräch bleiben, einander zuhören, offen über die gegenseitigen Bedürfnisse reden und einander gegenseitig Verständnis entgegenbringen im Wissen darüber, dass keine Generation besser ist als die andere. Solidarität und Toleranz dürfen nicht nur von den Jungen verlangt werden, sie müssen gegenseitig sein.» IM ZENIT Zur Person Eveline Widmer-Schlumpf Studium der Rechtswissenschaften in Zürich, 1983 Bündner Anwaltspatent, 1986 Notariatspatent, 1990 Promotion, 1987–98 Arbeit als Rechtsanwältin und Notarin, 1985 Wahl ins Kreisgericht Trin, das sie 1991–1997 präsidierte, 1994–98 Mitglied des Grossen Rates des Kantons Graubünden (SVP), 1998 Regierungs- rätin des Kantons Graubündens, Leitung des Finanz- und Militärdepartementes, 2001 und 2005 Regierungspräsi- dentin, 2001–2007 Präsidentin der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, 2008–2016 Bundesrätin (BDP), bis Oktober 2010 Vorsteherin des Eidgen. Justiz- und Polizeidepartements, danach Vorsteherin des Eidgen. Finanzdepartements , 2008 Wahl zur Schweizerin des Jahres, 2012 Bundespräsidentin, seit 1. April 2017 Präsidentin von Pro Senectute Schweiz Eveline Widmer-Schlumpf ist verheiratet, hat drei Kinder und sechs Enkelkinder. Sie lebt seit ihrer Kindheit in Felsberg GR.

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