Zenit Nr. 2, Juni 2020

Es ist der 21. Juli 1969, als die Mondlandefähre «Eagle» auf dem Erdtrabanten aufsetzt. 600 Millionen verfolgen live am Fernsehen, wie Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betritt und einen der berühmtesten Sätze der Welt- geschichte spricht: «Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein grosser Sprung für die Menschheit.» Mittendrin in diesem historischen Ereignis steht der damalige ETH-Mathematik-Assistent Bruno Stanek, 26 Jahre jung, der sich seit seiner Kindheit mit Begeis- terung dem Weltall widmet. Er kommentiert für das Schweizer Fernsehen die Mondlandung und versorgt die wissensdurstigen Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem nötigen Expertenwissen. Viele haben den eloquenten Kommentator noch heute vor Augen, wie er komplexe Zu- sammenhänge bildhaft erklärt und das Publikum für den Weltraum begeistert. Zu schade, hat das Schweizer Fernse- hen dieses historische Zeitdokument für immer verloren. Das Band mit Staneks Originalkommentar zur Mondlan- dung wurde nämlich aus Kostengründen überspielt. Doch Bruno Stanek erinnert sich noch genau an den Beginn seiner Fernsehkarriere. Er hatte das Apollo- Programm von Anfang an aus Originalquellen verfolgt. «Deshalb fiel mir die ungenügende Berichterstattung auf deutschsprachigen Sendern auf und ich bot dem Schwei- zer Fernsehen meine Dienste an.» Es blieb nicht bei diesem Auftritt. Bruno Stanek war jahrzehntelang als Experte am Bildschirm zu sehen und hatte in den 1970er-Jahren mit «Neues aus dem Weltall» sogar eine eigene Sendung. War die Mondlandung Fluch oder Segen für sein weiteres Leben? «Ganz klar ein Segen», sagt er rückblickend. «Es war ein Glücksfall, den Start des Weltraumzeitalters miter- leben zu dürfen.» Aufgewachsen in Rorschach am Bodensee doktorierte Bruno Stanek 1971 in Mathematik. Bald danach nahm er seine freiberufliche Tätigkeit als Mathematiker, Soft- wareautor, Schriftsteller und Verleger auf. Er war und ist Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 20 31 bis heute ein unermüdlicher Schaffer, produzierte eigene astronomische Filme, publizierte rund ein Dutzend Bücher und unzählige Artikel zu Themen wie Raumfahrt und Astronomie oder programmierte ein interaktives Weltraumlexikon. Heute ist Bruno Stanek 76 und wohnt mit seiner Frau in Arth. Der zweifache Vater und Grossvater ist längst pensioniert, doch das kümmert ihn wenig. Nach wie vor hält er Vorträge und sein wissenschaftliches Interesse ist ungebrochen. Gerade erlebe die Raumfahrt eine Renaissance, sagt er. Nach Jahrzehnten, in welchen die Weltraumforschung von Staaten in West und Ost für politische Zwecke missbraucht worden sei, statt sie den Händen von überzeugten Pionieren zu überlassen, sehe er wieder Licht am Horizont. «Dank den neusten Ent- wicklungen besteht die Chance, dass ich ein weiteres Mal in meinem Leben eine Mond-, möglicherweise gar eine Marsexpedition erleben könnte.» Derzeit allerdings ist es auch in Bruno Staneks Leben ruhiger geworden. Seine Vortragstätigkeit ist wegen der Coronapandemie auf Eis gelegt. Reisen – beispielsweise zu einem Sohn nach Kalifornien – sind unmöglich. Mit Lesen und Arbeiten hält er seinen kritischen Geist wach und blickt selbst in der Krise nach vorn: Sobald es die Situation zulasse, werde er seine Vortragstätigkeit wieder aufnehmen. «Denn es gibt schon wieder von neuen Fortschritten in der Raumfahrt zu berichten.» ASTRID BOSSERT MEIER Bruno Stanek war jener Mann, der 1969 für das Schweizer Fernsehpublikum die erste Mondlandung kommentierte. Dieser Auftritt machte den Raumfahrtexperten auf einen Schlag berühmt und prägte sein weiteres Leben. Die Faszination fürs Weltall ist bis heute ungebrochen. WAS MACHT EIGENTLICH …? Unser Mann fürs Weltall Foto: Astrid Bossert Meier

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