Zenit Nr. 2, Juni 2018

«Es ist wichtig, zurück und über die Grenzen zu schauen», betont Anton Schwingruber (1950) beim Gespräch in der Mensa der Uni Luzern. Deshalb freut sich der einstige Bil- dungsdirektor über den erfolgreichen Masterstudiengang Religion-Wirtschaft-Politik, für den er sich eingesetzt hatte, ist er doch überzeugt: «Angesichts der zunehmenden Spe- zialisierung brauchen wir Menschen mit der Fähigkeit, über ihr Spezialgebiet hinauszuschauen.» Beim Blick über die ruhig arbeitenden jungen Menschen lächelt er und hält fest: «Hier spüre ich Hoffnung und Zukunft. Dasselbe er- fahre ich, wenn ich beim Schöppele meinem Enkelkind in die Augen schaue.» Die Familie hat für ihn heute erste Priorität. Der Freitag gehört den drei älteren Enkelkin- dern. Jeden zweiten Dienstag fährt er nach St. Gallen zum Hüten der jüngsten Enkelin, ist ihm doch die Zeit für den Aufbau einer guten Beziehung wichtig. Der Begriff «Ihr Türöffner» auf seiner Website ist Aus- druck seines freiwilligen Engagements. Er erzählt, wie nach seinem Rücktritt verschiedene Menschen mit ihren Anliegen an ihn gelangten. «Wegen meiner Kontakte hatten sie Hoffnung auf meine Hilfe.» Nach Möglichkeit setzte er sich unter drei Bedingungen ein: Er wollte kein Geld für seine Dienste, nicht als Zeuge antreten und nichts schrift- lich festhalten. Nach dem Prinzip «Man gibt sich die Hand und schaut sich in die Augen» fuhr er gut und konnte manch verworrene Geschichten entwirren. «Es ist ein schö- nes Gefühl, etwas Gutes zu tun; es tut auch mir gut.» Christliches Engagement im gelebten Alltag ist für ihn, der sich als «hoffenden Zweifler» bezeichnet, wichtig. «Da- mit können wir der Angst vor einer zunehmenden Islami- sierung etwas entgegensetzen.» Zur Stärkung des Gemein- schaftsgefühls hat er 2001 die Landeswallfahrt nach Ein- siedeln neu belebt. Seither nimmt er jedes Jahr daran teil und schätzt das Unterwegssein mit Gleichgesinnten. Anton Schwingruber war zeitlebens vielseitig interes- siert und engagiert. Neben seinen Haupttätigkeiten als Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 18 33 selbstständiger Anwalt, Geschäftsführer von RegioHER, Gemeindepräsident von Werthenstein und Regierungsrat des Kantons Luzern übte er in Institutionen und Organisa- tionen viele Mandate aus. Nun arbeitet er daran, diese ver- bindenden Verpflichtungen in den nächsten zwei Jahren abzugeben. Mit 70 möchte er frei sein von diesen Verant- wortungen. Eine Ausnahme ist sein Engagement als Ge- schäftsführer der Missionare der Heiligen Familie. Er sorgt dafür, dass die Spendengelder in Projekten in Madagaskar zielgerichtet und nachhaltig eingesetzt werden. Gemein- sam mit anderen ehemaligen Schülern der Klostergemein- schaft arbeitet er zudem daran, die Organisation respekt- voll und sorgfältig in die Zukunft zu führen. Weiterhin wird er auch im Kirchenchor mitsingen und das Frauenchörli leiten, haben doch Musik und Gesang seit je einen wichtigen Stellenwert. Er erzählt von den Zeiten, als er mit seinen sechs Brüdern singend als «Sofies Buben» auftrat. Regelmässig pflegt er den Kontakt mit seinen noch lebenden vier Brüdern und seinen zwei Schwestern und diskutiert auch gerne bei einem Bier am Stammtisch.Dabei kann er manche Vorurteile wie «früher sei alles besser ge- wesen» relativieren. «Digitale Medien zum Beispiel kön- nen je nach Verwendung ein Fluch oder ein Segen sein.» Mit dem Älterwerden hat er keine Mühe und bezeichnet es als «eine unverdiente Gnade, gesund zu sein und nicht mehr zu müssen, sondern zu dürfen». Monika Fischer Seit seinem Rücktritt als Regierungsrat im Jahr 2011 engagiert sich Anton Schwingruber freiwillig in verschiedensten Bereichen. In den nächsten zwei Jahren möchte der Rechtsanwalt und Politiker seine Mandate und die damit verbun- dene Verantwortung abgeben. Was macht eigentlich …? «Gutes zu tun, tut mir gut» Foto: Peter Lauth

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