Zenit Nr. 2, Juni 2018

12 Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 18 Im Prospekt steht: «Im AltersZentrum St. Martin wohnen Sie, wie es zu Ihnen passt.» Ist das nicht ein Schwindel? Fakt ist, dass ich vieles nicht mehr selber bestimmen kann, wenn ich bei Ihnen eintrete. Franziska Kägi: Nein, da liegen Sie falsch. Wir bieten wirk- lich die passende Lösung für jede Person. Brauchen Sie nur punktuell Unterstützung, wählen Sie das Angebot des Betreu- ten Wohnens und leben selbstständig in den eigenen vier Wänden. Sind Sie hochbetagt, dann passt es doch, imPflege- heim die nötige Unterstützung zu erhalten. Sind Sie dement, ist es gut, in einer geschützten Wohngruppe mit möglichst wenigen Barrieren undmöglichst vielen Freiheiten zu leben. Und sind Sie seit Jahren chronisch psychisch krank, dann fühlen Sie sich in der sozialpädagogisch geführten Alters- wohngruppe wohl, wo Menschen mit ähnlichen Lebens- geschichten leben. Im AltersZentrum St. Martin wird die Freiheit also nicht kleiner, sondern grösser? Das ist wirklich so, und das erlebe ich tagtäglich. Ein Bei- spiel: Ein Senior lebt seit vielen Jahren in einem Haus ohne Lift, ist dann aber auf einen Rollator angewiesen. In der Wohnung ist er tatsächlich eingesperrt und hat nur noch wenig Autonomie. Er muss warten, bis der Mahlzeiten- dienst kommt, bis ihn jemand besucht, bis die Tochter Zeit für ihn hat. Im St. Martin nimmt er den Lift, geht hindernis- frei mit dem Rollator im Garten spazieren, kann an Aktivi- täten teilnehmen oder auch nicht und mit den Kollegen im Café einen Jass klopfen. Haben viele Menschen noch immer ein falsches Bild vomWohnen in einer Altersinstitution? Zwischen den eigenen vier Wänden und dem Pflegeheim- eintritt sind viele Wohnformen möglich, wie Franziska Kägi*, Leiterin Pflege Betreuung des Surseer AltersZentrums St. Martin, im Interview erklärt. Betreutes Wohnen mit Wer ein Alterszentrum betritt, sieht alte Menschen. Men- schenmit Rollator, imRollstuhl oder mit anderen Einschrän- kungen. Das konfrontiert mit dem eigenen Alter und der eigenen Endlichkeit, das ist für viele schwierig. Bei Eintritts- gesprächen muss ich bei den Angehörigen die grösste Überzeugungsarbeit leisten. Diese kommen oft mit grossen Ängsten und können sich kaum vorstellen, dass ihr Vater oder ihre Mutter bei uns auch ein gutes Leben führen kann. ImAltersZentrum St. Martin werden verschiedene Wohnformen angeboten: von der eigenen Wohnung über Kurzzeit- oder Tagesplätze bis zum Pflegeheim oder zu Demenz-Wohngruppen. Wie kam es dazu? Die meisten Neuaufnahmen in unserem Haus mache ich persönlich. Da bekomme ich die Bedürfnisse der Menschen hautnah zu spüren. Lange fehlte uns eine Wohnform für psychisch kranke ältere Menschen. Sie fielen durch die Ma- schen des sozialen Netzes. Also versuchten wir, ein passen- des Angebot zu schaffen. Doch das ist Knochenarbeit. Der Aufbau brauchte Zeit und Kraft. Seit 2011 ist diese Wohn- form nun Realität. Warum ist Ihnen das vielfältige Angebot so wichtig? Weil ich auch einmal alt werde und dann am passenden Ort Franziska Kägi: «Unsere grosse Stärke ist die Flexibilität und die Kreativität.» Franziska Kägi * (55) hat eine Erstausbildung als Pflegefach- frau abgeschlossen, sich zur Pflegedienstleiterin und Heimleite- rin weitergebildet und zudem eine höhere Fachausbildung in Case Management absolviert. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder mitaufgezogen, die heute erwachsen sind. Seit 24 Jahren arbeitet sie als Leiterin Pflege Betreuung und stellvertre- tende Heimleiterin im AltersZentrum St. Martin, Sursee.

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