Zenit Nr. 1, März 2020

Dass Kudi Müller Fussballprofi wurde, war ihm eigentlich fast in die Wiege gelegt worden. Sein Grossvater war Trainer, sein Vater Goali in der 2. Mannschaft von Emmenbrücke, und auch alle Brüder spielten Fussball. Dadurch war Kudi seinen Gspänli schon auf dem Pausen- platz des St.-Karli-Schulhauses und dann als Junior beim FC Emmenbrücke ein gutes Stück voraus. Keiner schaffte es, ihm den Ball wegzunehmen, wenn er dribbelte. Damals ahnte der fussballbegeisterte Schüler noch nicht, dass er dereinst dank seinem Sport die ganze Welt sehen und alle Fussballgrössen persönlich kennenlernen würde, auch wenn sich schon früh in seinem Leben alles um das runde Leder drehte. Seine Karriere begann nach ei- ner Lehre zum Schriftenmaler/Maler-Tapezierer, als Kudi Müller 1968 in die erste Mannschaft des FC Luzern kam und zwei Jahre später Nationalspieler wurde. 1971 folgte der Wechsel zu den Grasshoppers, weil der FCL noch keine Profis beschäftigte. Mit dem Eintritt in die Nationalmann- schaft kamen rasch auch Angebote aus dem Ausland, zum Beispiel aus Mailand. Inter hatte jedoch zu dieser Zeit eine dreijährige Aus- ländersperre; Kudi Müller wollte nicht so lange warten, entschied sich 1972 für Herta BSC und verlegte seinen Lebensmittelpunkt in die Grossstadt Berlin, wo er sein erstes Geld als Profi verdiente. Begleitet wurde er von seiner damaligen Freundin und heutigen Frau. An eines der letzten Spiele in Berlin erinnert sich der ehemalige Weltklasse-Stürmer besonders gern. Vor 100 000 Zuschauern erzielte er zwei Treffer gegen Borussia Dortmund. Der spätere Bundesliga-Trainer Berti Vogts sagte nach der Niederlage, er wolle nie mehr gegen den Müller aus der Schweiz antreten. Zu diesem Match hatte Kudi für rund 400 Fans aus Luzern und Zürich Karten organisiert. Den Sieg feierten sie lautstark mit den mitgebrachten Instrumenten auf dem Kudamm, sodass sogar die «Bild»-Zeitung anderntags darüber berichtete. «Das war ein absolutes Highlight», erinnert er sich. Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 20 31 1975 zog es das Ehepaar Müller zurück in die Schweiz, wo Kudi von Servette, anschliessend von den Young Boys verpflichtet wurde. Seine aktive Zeit rundete er als Spielertrainer beim SC Kriens ab und war danach Trainer bei verschiedenen Clubs in der Zentralschweiz sowie bis 2012 zehn Jahre lang Nachwuchstrainer beim FC Luzern. Die Arbeit mit den jungen Menschen, ist Kudi Müller überzeugt, habe ihn selbst jung gehalten. Heute ist er beim FCL als Botschafter tätig. In dieser Funktion ist er bei den Autogrammstunden dabei, macht Stadionführungen und engagiert sich beim Ferienpass. Klar ist auch, dass er immer noch an jedem Match «seiner» Mannschaft dabei ist. Kudi Müller war jedoch nicht nur Fussballer, er dachte schon zu Beginn seiner Laufbahn weitsichtig und eröffnete 1973 an der Bruchstrasse in Luzern sein eigenes Sportgeschäft, das er fünf Jahre später an die Winkelriedstrasse zügelte und im Januar 2019 aufgab. Eine grosse Stütze war ihm dabei seine Frau Madeleine, mit der er drei Söhne und eine Tochter hat. Zwar ist der Fussballvirus auf keines der Kinder übergesprungen, «aber tschüttele können alle gut», erzählt der inzwischen vierfache Grossvater. Er selbst hält sich mit Wandern und mit Zu-Berg-Gehen fit, bleibt aber auch kulturell am Ball und geht wie schon seine Mutter gerne ins Theater oder ins Kino. SONJA HABLÜTZEL Kudi Müller (72) ist weit über die Fussballkreise hinaus eine Legende. Auch lange nach seiner aktiven Zeit blieb er seinem Sport verbunden – bis heute. Seit 2010 betreut er als Botschafter des FC Luzern vielseitige Aufgaben. WAS MACHT EIGENTLICH …? Der Luzerner Dribbelkönig Foto: Peter Lauth

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