KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2020

01 / 2020 ERFAHRUNGSBER I CHT K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 59 E in sonniger Herbstmorgen im Alterszentrum Hottin- gen in Zürich. Erstaunt über die vielen erwartungs- vollen Kinderärzte empfing uns Daniela Marx-Berger mit den Worten: «Mir war nicht ganz klar, wie wichtig Sportmedizin in der pädiatrischen Praxis ist.» Beim ersten Thema Krafttraining im Kindesalter – ist das sinnvoll? gibt es in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel. Zwischen 1960 und 1990 ist man davon ausgegangen, dass Krafttraining bei Kindern keinen Effekt habe. Inzwischen weiss man, dass Kraft- training im präpubertären Alter die neuronalen Anpas- sungen fördert und während und nach der Pubertät durch Testosteron zum Muskelaufbau führt. Tauchtauglichkeitsbestätigungen finden sich unter suhms.org . Ab 8 Jahren ist Tauchen generell möglich, bis 14 Jahren aber mit Einschränkungen (z.B. Wasser- temperatur und Tiefe). Medizinisch zu beachten sind vor allem die Ohren: Das Valsalva-Manöver sollte mög- lich sein. Asthma bronchiale und persitierendes Fora- men ovale stellen nur relative Kontraindikationen dar. Es blieb die Frage im Raum offen, wer solche Untersu- chungen zahlt. Die Krankenkasse oder die Eltern? 25% der Commotio verletzungen bei Kindern passie- ren beim Sport. Die Commotio kann auch ohne Be- wusstlosigkeit einhergehen und ohne direkten Schlag auf den Kopf. Es gilt für die Sportler die klare Regel:«no same day return». Bei Erwachsenen rechnet man mit 7 bis 10 Tagen Rekonvaleszenz, bei Kindern 4 Wochen. Wichtig ist ein stufenweiser langsamer Wiedereinstieg mit den zwei Zielen «return to school» und «return to sport». Oft empfiehlt es sich, diese Schritte schriftlich für Eltern, Lehrer und Trainer zu fixieren. Überlastung im Jugendsport – vermeidbar oder notwendiges Übel? Die Rolle des Kinderarztes ist oft die des «Spielverderbers», weil wir das Kind schützen müssen trotz Druck von Eltern, Lehrern und Trainern. Kinder, die biologisch unreifer sind, sind im Team mit gleichaltrigen oft körperlich überfordert, Kinder, die bio- logisch reifer sind und in höheren Altersklassen mitspie- len, sind oft psychisch überfordert. Als guter Tipp für die Eltern sei die Toolbox empfohlen: sporteltern.zh.ch Wie viel Training ist okay? ■ Eine Sportart maximal 5×/Woche ■ Mindestens 1 freier sportfreier Tag/Woche ■ 10% Regel (im Trainingslager z. B. nicht mehr als 10% Training steigern) ■ Möglichst polysportiv vor der Adoleszenz ■ Krafttraining 2–3×/Woche Am Nachmittag erwarteten uns die Untersuchungen. Ausführlich wurde das Thema in KIS News 03/2019 be- schrieben. SPU «Sportärztliche Untersuchung» ■ Anamnese (inkl. Essanamnese, Menstruationsanamnese, Impfstatus) ■ Körperliche internistische Untersuchung (inkl. Tannerstadien/Perzentilen) ■ Labor (BB, CRP, Ferritin, Vitamin D, Vitamin B12, GPT, Kreatinin, Urinstatus) ■ Evtl. Lufu ■ Evtl. EKG (>5h Training/Woche) Für die orthopädische Untersuchung , so erklärt uns Carlo Camathias am Nachmittag, reichen 10 Minuten, wenn der Patient zunächst im Stehen von hinten ge- scannt wird und dann am unteren Rand der Liege so po- sitioniert wird, dass alle Gelenke aktiv und passiv durch- getestet werden können. Wichtig sind Beinlängen, das Lot im Rücken und die «range of motion». Bei Seiten- differenzen sollte man hellhörig werden. Und als Tipp für die nächste Sporteinheit hat Daniela Marx-Berger beim Thema Ernährung im Sport die ein- fache Faustregel gegeben: ■ ½ l Wasser pro Stunde Sport, erst ab der 2. Stunde ■ nach dem Sport eine Schoggimilch Nützliche Internetseiten: Kindersportmedizin.org Antidoping.ch Koelnerliste.com ■ IRMELA HEINRICHS MITGLIED REDAKTIONS- KOMMISSION, USTER Korrespondenzadresse: iheinrichs@hin.ch KURSLEITUNG: DR. MED. ANTJA HUGI MAIER FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, FRAUENFELD REFERENTEN: DR. MED. DANIELA MARX-BERGER FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, FACHAUSWEIS SPORT- MEDIZIN (SGSM), ST. GALLEN PD DR. MED. CARLO CAMATHIAS FACHARZT FÜR ORTHOPÄDIE UND TRAUMATOLOGIE DES BEWEGUNGSAPPARATES, PRAXIS ZEPPELIN, ST. GALLEN Sportmedizin in der pädiatrischen Praxis 24. Oktober 2019, im Alterszentrum Hottingen Illustration: Moritz Kessler

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