KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2019

BERUFSPOL I T I K 02 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 12 Wie entstand die Idee für die Stiftung Theodora? Im Alter von zehn Jahren verunfallte ich mit einem Rasenmäher und musste für viele Monate ins Spital. Mein Fuss wurde 14 Mal ope- riert; Schmerzen waren mein ständiger Begleiter. Es fiel mir nicht leicht, so lange im Spital zu sein, getrennt von Familie und Freun- den. Meine Mutter Theodora besuchte mich jeden Tag, brachte mich und die anderen kleinen Patienten zum Lachen und sang uns Kinderlieder vor. Theodora war für mich wie eine Insel der Gelas- senheit in einem Ozean der Schmerzen, Ängste und Sorgen. Viele Jahre später waren es diese Erinnerungen, die meinen Bruder Jan und mich zur Gründung der Stiftung, die ihren Namen trägt, ver- anlassten. Unser Wunsch war es, die Lebensfreude unserer Mutter fortleben zu lassen und Zehntausenden von Kindern zu helfen, in- dem wir ihnen Glück und Lachen schenken. Sie haben die Künstler, welche die Kinder in den Spitälern besuchen, Traumdoktoren genannt. Warum gerade dieser Name? Glauben Sie an die Macht der Träume? Wir haben diesen Namen gewählt, weil er die Essenz unserer Mission darstellt. Die Besuche der Traumdoktoren ermöglichen es den kleinen Patienten, dem Spitalalltag für einen Augenblick zu entfliehen und in ihre kindliche Welt der Farben, der Fantasie und des Lachens zurückzufinden. Mehr als an Träume glaube ich an die Kraft der Fantasie und an die positive Energie, die bei diesen Besuchen entsteht; besonders für Kinder mit gesundheitlichen Problemen. Wie werden die Traumdoktoren ausgebildet? Der mehrmonatige, berufsbegleitende Lehrgang ist ein abgestimm- tes Zusammenspiel von Theorie und Praxis und wird in enger Zu- sammenarbeit mit Spezialisten aus diversen Fachgebieten realisiert. Der theoretische Teil beinhaltet diverse künstlerische Workshops und institutionelle Lehrgänge. Die Künstler eignen sich wichtige Kenntnisse über die Themen Spital, Psychologie und Behinderung an. Diese Vorbereitung sensibilisiert sie sowohl für die Abläufe im Spital als auch für das Erleben der Kinder und ihren Familien in schwierigen Situationen. Im praktischen Teil besuchen die angehen- den Traumdoktoren bereits regelmässig die Kinder in den Spitälern und spezialisierten Institutionen. Wie finanziert sich die Stiftung Theodora? Die Stiftung Theodora finanziert sich mittels Privatspenden und der Unterstützung von Unternehmenspartnern. Sie ist als gemeinnüt- zig anerkannt und übt ihre Tätigkeit in Spitälern und spezialisierten Institutionen für die Beteiligten kostenlos aus. Die Stiftung erhält keinerlei Subventionen seitens der öffentlichen Hand. Dank Unter- nehmenspartnern können administrative Kosten gedeckt und die privaten Spenden optimal verwendet werden, d. h. direkt in die Traumdoktorbesuche bei den Kindern fliessen. Warum sind die Besuche der Theodora-Traumdoktoren so wertvoll? Weil Lachen hilft. Ob für Kinder im Spital, mit Behinderung oder mit Übergewicht: Jeder Besuch der Theodora-Künstler ist wie ein Hauch frischer Luft, der die Kinder ablenkt und sie neu auftanken und in ihre so vertraute Welt der Fantasie zurückfinden lässt. Was braucht es als Traumdoktor, um die emotionale Tätigkeit im Spital durchführen zu können? Für die Arbeit der Traumdoktoren wird auf jeden Fall eine hohe Belastbarkeit vorausgesetzt. Vor allem müssen sie in der Lage sein, nach den Kinderbesuchen nicht nur das Kostüm, sondern auch das Erlebte, sofern es belastend war, abzulegen. Bei dieser Aufgabe hilft den Theodora-Künstlern ihre professionelle Ausbildung. Fer- ner tauschen sie sich mit ihren KollegInnen über ihre persönlichen Erlebnisse aus. Für besonders belastende Situationen steht auch ein psychologischer Dienst (die sogenannte Supervision) zur Ver- fügung. Wie kann man die Stiftung Theodora unterstützen? Es gibt nebst der klassischen Spende viele weitere, sehr willkomme- ne Möglichkeiten: Es kann beispielsweise selbst eine Spendenaktion organisiert oder im Rahmen einer Feierlichkeit – wie Hochzeit oder Geburtstag – gespendet werden. Andere Möglichkeiten sind, eh- renamtliche Mitarbeit zu leisten oder ein Vermächtnis zu machen. Für Firmen gibt es die Option, Unternehmenspartner der Stiftung zu werden. ■ Interview mit André Poulie André Poulie, Präsident und Mitbegründer der Stiftung Theodora, spricht im Interview über Sinn und Zweck der Stiftung Theodora sowie über seine persönliche Motivation und prägende Erlebnisse in der Stiftungsgeschichte. André Poulie Foto Pierre-Yves Massot

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